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International Employment Law Guide

Überblick über arbeitsrechtliche Vorschriften für den gesamten Lebenszyklus einer Beschäftigung (employment life cycle)

Update 2023

Das Arbeitsrecht unterliegt einem raschen Wandel und wird immer komplexer, was die Einhaltung der geltenden Vorschriften für multinationale Unternehmen zu einer Herausforderung macht. Dieser Leitfaden gibt einen Überblick über die arbeitsrechtlichen Vorschriften für die Einstellung und das Offboarding von Arbeitnehmer:innen in mehr als 60 Ländern.

Willkommen: Der Internationale Leitfaden Arbeitsrecht

Dieser Leitfaden legt die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Einstellung und das Offboarding von Arbeitnehmer:innen in 64 Ländern dar.

Er gibt jeweils einen Überblick über das nationale Arbeitsrecht ohne branchenspezifische Schwerpunkte. Der Leitfaden berücksichtigt auch keine regionalen, bundesstaatlichen oder Provinzgesetze (mit Ausnahme von Kanada, wo sich die Darstellung nur auf Ontario bezieht).

Für jedes der 64 Länder gibt es eine eigene Länderseite, auf der die Besonderheiten bei der Einstellung (z.B. die Arten von Arbeitsverträgen, die Frage, ob für die Einstellung von Arbeitnehmer:innen eine juristische Person gegründet werden muss usw.) sowie die Regeln für das Offboarding (z.B. ob eine Kündigungsfrist einzuhalten oder eine Abfindung zu zahlen ist, die Schwellenwerte für Massenentlassungen usw.) zusammengefasst sind.

In 2023 wurde der Leitfaden um Kapitel zu Remote Work und zu Equal Pay ergänzt.

Die Darstellung der arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland finden Sie hier: International Employment Law Guide - Germany | Legal | Deloitte (in englischer Sprache)

 

Einstellung von Arbeitnehmer:innen (Onboarding)

Wenn Unternehmen Arbeitnehmer:innen einstellen wollen, sind, insbesondere wenn es sich um die erste Einstellung in einem neuen Land handelt, Einblicke in die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Landes erforderlich. Generell zeigt der Leitfaden, dass unabhängig vom Standort und ungeachtet regionaler oder länderspezifischer Besonderheiten und Unterschiede, bei der Einstellung von Arbeitnehmer:innen ähnliche Dinge zu beachten bzw. Fragen zu stellen sind.

 

Ist es erforderlich, eine juristische Person zu gründen, um Arbeitnehmer:innen einzustellen?

Obwohl Arbeitgeber in den meisten Ländern verpflichtet sind, sich steuerlich zu registrieren, wenn sie Arbeitnehmer:innen in dem betreffenden Land einstellen, ist es nicht immer erforderlich, vor Ort eine juristische Person zu gründen. Es gibt eine Reihe von Ländern, in denen es zwar keiner Gesellschaftsgründung, jedoch der Eröffnung einer Zweigniederlassung bedarf.

 

Ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag erforderlich?

In den meisten Ländern ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag verpflichtend. Dies gilt insbesondere für bestimmte Arten von Arbeitsverträgen, wie z. B. für befristete Verträge. In einigen Ländern ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich vorgeschrieben, aber der Arbeitgeber muss eine schriftliche Erklärung aushändigen, in der einige wichtige Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses festgehalten sind (z. B. Arbeitsentgelt, Arbeitszeit, Zahlungsfristen, Urlaubsanspruch usw.).

 

Muss der Arbeitsvertrag in einer der Amtssprachen abgefasst sein?

In fast 50 % der Länder gibt es keine landessprachlichen Anforderungen an den Arbeitsvertrag, solange die Vertragsparteien seinen Inhalt verstehen. Der Vertrag kann also in einer Sprache abgefasst werden, die beide Seiten verstehen.

In allen anderen Ländern muss der Arbeitsvertrag in einer der Landessprachen abgefasst sein. In diesen Ländern können die Parteien jederzeit eine Übersetzung des Vertrags in eine andere Sprache vorlegen. Bei Widersprüchen zwischen den beiden Fassungen ist allerdings immer die Fassung in der Amtssprache maßgeblich.

Liegt kein Arbeitsvertrag in der Amtssprache vor, hat dies in der Regel zur Folge, dass der Vertrag vor Gericht nicht als Beweismittel verwendet werden kann bzw. nicht vollstreckbar ist, solange keine Übersetzung vorgelegt wird.

 

Welche Möglichkeiten gibt es bei Probezeiten?

Die Probezeit ist der Zeitraum zu Beginn des Arbeitsverhältnisses, in dem sich Arbeitnehmer:innen "auf Probe" befinden, d. h. sie werden beurteilt, um festzustellen, ob der Vertrag auf unbestimmte Zeit gelten soll. Während der Probezeit ist es im Allgemeinen einfacher, sich von Arbeitnehmer:innen zu trennen, da entweder eine kürzere Kündigungsfrist gilt oder die Entlassung nicht begründet werden muss.

In fast allen Ländern ist die Vereinbarung von Probezeiten im Arbeitsvertrag zulässig. Ausnahmen sind Belgien und Chile, wo Probezeiten gesetzlich nicht zulässig sind. Das thailändische Arbeitsrecht kennt keine Probezeit, in der Praxis können die Parteien jedoch eine Probezeit vereinbaren.

Die maximale Dauer der Probezeit hängt häufig von der Senioritätsebene ab. Je höher die Position, desto länger kann die Probezeit sein. In Frankreich beispielsweise beträgt die maximale Probezeit für Büroangestellte zwei Monate, für leitende Angestellte jedoch vier Monate.

 

Sind Einstellungsuntersuchungen und Überprüfungen möglich?

In 22 Ländern ist eine ärztliche Untersuchung vor der Einstellung vorgeschrieben, unabhängig von der Stelle, für die man sich bewirbt. In den meisten Ländern sind ärztliche Untersuchungen nur für bestimmte Funktionen oder gar nicht vorgeschrieben.

In den meisten Ländern ist die Überprüfung von Referenzen und Ausbildung mit Zustimmung des/der Betroffenen zulässig, wobei der Datenschutz und der Schutz der Privatsphäre zu berücksichtigen sind. Für die Überprüfung von Vorstrafen bedarf es ebenfalls der Zustimmung des/der Betroffenen – es sei denn, es handelt sich um die Bewerbung für bestimmte Stellen, die eine solche Überprüfung rechtfertigen. In 14 Ländern ist die Überprüfung von Vorstrafen jedoch bei jeder Einstellung zulässig.

 

Gelten für Führungskräfte andere Regeln?

In etwa 60 % der Länder gelten Führungskräfte als Arbeitnehmer:in, d. h. sie arbeiten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags und sind durch das Arbeitsrecht geschützt. In den meisten dieser Länder genießen sie jedoch nicht den gleichen Schutz wie andere Arbeitnehmer:innen, da einige Vorschriften für sie nicht gelten (z. B. sind Führungskräfte häufig von Arbeitszeitregelungen ausgeschlossen).

In etwa 30% der Länder können Führungskräfte entweder im Rahmen eines Arbeitsvertrags oder als Selbständige arbeiten. Sofern sie selbständig sind, unterliegen ihre Rechte nicht dem Arbeitsrecht, sondern dem Handelsrecht und den im Vertrag mit dem Unternehmen vereinbarten Bedingungen.

In etwa 10 % der Länder arbeiten Führungskräfte ausschließlich auf selbstständiger Basis.

 

Gibt es Rechtsvorschriften zur Fernarbeit (Remote Work)?

In mehr als der Hälfte der Länder gibt es Gesetze, die die Möglichkeit der Fernarbeit regeln. Diese Gesetze wurden in einigen Ländern bereits vor Jahren eingeführt. Da die COVID 19-Pandemie die Verbreitung und Popularität von Fernarbeit beschleunigt hat, sahen allerdings viele Länder die Notwendigkeit, zu diesem Zeitpunkt (neue) Gesetze einzuführen. Anstelle von Gesetzen gibt es in einigen Ländern nur Richtlinien für Arbeitnehmer:innen, z. B. in Singapur und Taiwan. In anderen Ländern ist die Gesetzesdiskussion noch im Gange, z.B. in Zypern und Polen.

In den Fällen, in denen Arbeitnehmern Fernarbeit gestattet ist, muss in der Regel ein Zusatz zum Arbeitsvertrag aufgesetzt werden, da bestimmte Rechte und Pflichten näher geregelt werden müssen.

In einer begrenzten Anzahl von Ländern wird zwischen verschiedenen Arten von Fernarbeit unterschieden. So wird beispielsweise in Albanien, Belgien und der Slowakei zwischen Heimarbeit und Telearbeit unterschieden, was bedeutet, dass je nach konkreter Situation unterschiedliche Regelungen gelten können.

In Ländern, die über Rechtsvorschriften zur Fernarbeit verfügen, ist in den meisten Fällen keine Bestätigung der getroffenen Vereinbarung durch die Arbeitnehmervertretung erforderlich (z. B. in Australien, Brasilien, Chile, Griechenland, Italien, Ukraine usw.). In einigen Ländern kommt es darauf an, in welcher Form die Regelungen zur Fernarbeit festgelegt werden. In Bulgarien beispielsweise muss die Arbeitnehmervertretung konsultiert werden, wenn die Regeln in einem internen Rechtsakt des Arbeitgebers festgelegt sind. In Frankreich ist die Anhörung der Arbeitnehmervertretung bei der Einführung von Fernarbeit durch eine Charta vorgeschrieben. In Japan besteht eine Konsultationspflicht, wenn die Arbeitsbedingungen geändert werden, um Fernarbeit in einem Unternehmen einzuführen.

Schließlich sind die Arbeitgeber in den meisten Ländern, in denen Fernarbeit gesetzlich geregelt ist, verpflichtet, sich zumindest teilweise an den (zusätzlichen) Ausgaben der Arbeitnehmer:innen zu beteiligen. Dies kann sowohl pauschal als auch in Form der Erstattung der tatsächlichen Kosten geschehen. Beide Systeme kommen in etwa 18 der untersuchten Rechtsordnungen vor. Die Höhe der Pauschalen reicht von 1 EUR pro Tag in der Tschechischen Republik bis zu +- 170 EUR pro Monat in Belgien.

 

Gibt es neue Rechtsvorschriften zur Entgeltgleichheit?

In den meisten Ländern gibt es allgemeine Antidiskriminierungsvorschriften, die besagen, dass Arbeitnehmer:innen Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit haben und dass Diskriminierungen aufgrund verschiedener Kriterien, unter anderem des Geschlechts, nicht zulässig sind.

In einigen Ländern gibt es jedoch bereits sehr spezifische Rechtsvorschriften zur Entgeltgleichheit. In den Vereinigten Staaten beispielsweise gibt es in einigen Bundesstaaten wie Kalifornien und Washington Gesetze, die Arbeitgeber verpflichten, Bewerbern und Arbeitnehmer:innen bei der Vorlage eines Angebots oder nach einem Vorstellungsgespräch Gehaltsspannen mitzuteilen. Darüber hinaus sind Arbeitgeber verpflichtet, Gehaltsspannen in Stellenanzeigen anzugeben. In einigen anderen Ländern gibt es Gesetze zur Offenlegung von Vergütungsdaten, und große Unternehmen müssen eine Bescheinigung über die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften zur Entgeltgleichheit einholen. In Schweden sind Arbeitgeber mit mehr als 25 Arbeitnehmer:innen verpflichtet, eine jährliche Gehaltserhebung durchzuführen, um geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede zu ermitteln.

In einigen Ländern gibt es Rechtsvorschriften, die allerdings keine Sanktionen bei Nichteinhaltung vorsehen, z. B. in Bosnien und Herzegowina, Chile und Venezuela.

Dort, wo Sanktionen vorgesehen sind, kann es sich um Geldstrafen handeln. Manchmal geben die Behörden die Unternehmen, die die Vorschriften zur Entgeltgleichheit nicht einhalten, öffentlich bekannt und die Sanktion liegt in der Rufschädigung.

Am 30. März 2023 nahm das Europäische Parlament den Gesetzgebungsvorschlag der Europäischen Kommission über Maßnahmen zur Entgelttransparenz an. Danach müssen Arbeitgeber unter anderem in Stellenanzeigen oder vor einem Vorstellungsgespräch Informationen über die Höhe des Einstiegsgehalts oder die Gehaltsspanne bereitstellen. Arbeitnehmer:innen haben außerdem das Recht, vom Arbeitgeber Auskunft über ihr individuelles Entgelt sowie über das durchschnittliche Entgelt für Gruppen von Arbeitnehmer:innen, die die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht zu verlangen. Darüber hinaus besteht eine Berichtspflicht für größere Unternehmen. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie innerhalb von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten in nationales Recht umsetzen.

 

Offboarding von Arbeitnehmer:innen – Ähnliche Konzepte, aber unterschiedliche Interpretationen und lokale Besonderheiten

Die Analyse der untersuchten Länder ergab, dass Länder aus allen Regionen häufig eine Reihe ähnlicher Konzepte in Bezug auf das Offboarding von Arbeitnehmer:innen anerkennen. Details zu den Vorschriften der einzelnen Länder finden Sie auf den länderspezifischen Seiten unseres International Employment Law Guides.

 

Stand: Mai 2023

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