Reguliert Analysiert Priorisiert Implementiert Strategisch

Nachhaltigkeit in der Wohnungswirtschaft: Die Wesentlichkeitsanalyse liefert das Fundament

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU führt ab 2026 zu anspruchsvollen Nachhaltigkeits-Berichtspflichten. Die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft (ASW) entschied sich zum frühzeitigen Aufbau einer CSRD-konformen Berichterstattung mit Deloitte als Partner, eingebettet in die Nachhaltigkeitsstrategie der ASW, um Nachhaltigkeit verbindlich in die Unternehmensstrategie zu integrieren. Damit nimmt sie eine Pionierrolle in der Branche ein, die ganz im Einklang mit ihren eigenen Werten steht.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gilt für sämtliche Wirtschaftsbereiche, doch für die Immobilienwirtschaft ist sie angesichts des globalen Klimawandels besonders relevant. Der Gebäudebereich verursacht in Deutschland etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen – damit kann die Branche einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Für die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft (ASW) in kirchlicher Trägerschaft ist Nachhaltigkeit Teil ihrer DNA – von der Bewahrung der Schöpfung bis hin zu sozialen Themen. Entsprechend ambitioniert ging sie gemeinsam mit Deloitte die Umsetzung der CSRD an. Die CSRD-konforme Berichterstattung ist zwar erst 2026 für das Geschäftsjahr 2025 verpflichtend. Dennoch entschied sich das Unternehmen als Vorreiter in der Branche für einen frühen Start schon Ende 2022 und gewann wertvolle Zeit für die Umsetzung dieses herausfordernden Projekts.

Dennoch existierten kaum relevante Erfahrungswerte im Markt, etwa über die konkrete Ausgestaltung der Wesentlichkeitsanalyse, dem Fundament des CSRD-Ansatzes. Zudem sind die Regelungen komplex und deren Operationalisierung herausfordernd. Insgesamt beinhalten sie eine Ausweitung und Standardisierung der berichtspflichtigen Nachhaltigkeitsaspekte. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sollen die CSRD konkretisieren und geben den Unternehmen konkrete Offenlegungspflichten, über die sie berichten müssen.

Diese werden in zwölf Standards definiert. Sie umfassen neben zwei übergreifenden Standards (cross-cutting) zehn themenspezifische Standards. Diese sind in die Dimensionen Umwelt (Klimawandel, Umweltverschmutzung, Wasser- und Meeresressourcen, Biodiversität und Ökosysteme, Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft), Soziales (Eigene Belegschaft, Beschäftigte der Wertschöpfungskette, betroffenes Gemeinwesen, Verbraucher und Endnutzer) und Governance (Geschäftsverhalten) gegliedert.

„Die European Sustainability Reporting Standards sollen die Corporate Sustainability Reporting Directive konkretisieren und geben den Unternehmen konkrete Offenlegungspflichten, über die sie berichten müssen. Leider fehlen bisher noch operationalisierbare Ansätze für Unternehmen, sodass die ESRS bisher nicht die erhoffte Hilfestellung bzw. Konkretisierung erbrachte. Wir freuen uns daher sehr, gemeinsam mit der ASW als Branchen-Vorreiter einen entsprechenden Projektansatz entwickelt zu haben und somit als einer der ersten mit der Implementierung gestartet zu haben."

Hendrik Aholt, Partner bei Deloitte

Welche dieser Standards bzw. Offenlegungspflichten für die ASW relevant sind, wird in der Wesentlichkeitsanalyse bestimmt. Sie definiert die wesentlichen Themenfelder, welche nachfolgend strategisch in das Unternehmen implementiert und innerhalb der Nachhaltigkeitsberichterstattung offengelegt werden müssen. Dabei gilt der Grundsatz der „doppelten Wesentlichkeit“: Darzulegen sind jeweils Risiken und Chancen von Umwelt und Gesellschaft auf das Unternehmen, etwa durch die globale Erwärmung (outside-in), aber auch Auswirkungen des unternehmerischen Handelns auf Umwelt und Gesellschaft, beispielsweise durch CO2-Emissionen (inside-out). Aus dieser Perspektive werden Chancen und Risiken (outside-in) sowie positive und negative Auswirkungen (inside-out) identifiziert.

Die Wesentlichkeitsanalyse haben Deloitte und ASW in vier Schritten durchgeführt. Den Start bildete die Stakeholder-Identifikation und -Bewertung, um die Auswirkungen, Risiken und Chancen in gemeinsamen Dialogen zu erfassen. Dazu wurden zunächst alle Stakeholdergruppen identifiziert und durch eine eigens entwickelte Bewertungsmethodik nach ihrer Relevanz für die ASW klassifiziert. Die besonders relevanten Stakeholder wurden in sog. Stakeholder-Steckbriefen näher beschrieben und für den gemeinsamen Stakeholder-Dialog vorbereitet. 

Daran schloss sich die Themensammlung (Long- und Shortlist) an, die im Sinne der doppelten Wesentlichkeit Themenfelder und die Auswirkungen sowie Risiken und Chancen identifiziert. Dazu haben ASW und Deloitte eine sog. Longlist, bestehend aus den Anforderungen der ESRS sowie Branchenspezifika, erarbeitet und zu einer sog. Shortlist mit 18 Themenfeldern konsolidiert.

Im anschließenden Stakeholder-Dialog wurden die Auswirkungen, Risiken und Chancen im Austausch mit den Stakeholdern diskutiert. Dazu wurden jeweils geeignete Formate je Stakeholdergruppe definiert und ausgeführt: persönliche Workshops, eine Persona-Methodik zur internen Vertretung jeder Stakeholdergruppe sowie Online-Befragungen.

„Nachhaltigkeit steht für uns schon lange im Mittelpunkt unseres unternehmerischen Handelns. Die Ergebnisse der Wesentlichkeitsanalyse geben unserem Selbstverständnis nun den Rahmen für ein strategisches und strukturiertes Handeln.“

Rouven Meister, Geschäftsführer, Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft

Der Gebäudebereich verursacht in Deutschland etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen – damit kann die Immobilienbranche einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Auf dieser Basis folgte abschließend die Entwicklung der Bewertungsmethodik und Durchführung der Bewertung. Dazu wurde im Projekt ein Excel-Tool erarbeitet, das als langfristiges Instrument zur Aufnahme und Bewertung der Auswirkungen dienen soll – denn die Wesentlichkeitsanalyse soll regelmäßig wiederholt werden, sodass die dynamischen Entwicklungen innerhalb der Regulatorik, aber auch die Entwicklungen in den Dimensionen Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung fortlaufend mitberücksichtigt werden können. Ebenso wie bei der Identifikation muss auch die Bewertung im Sinne der doppelten Wesentlichkeit erfolgen. Zentrale Herausforderung war hier, dass die CSRD noch wenig konkrete Hilfestellung gibt und somit viel Spielraum und Fragezeichen hinterlässt. ASW und Deloitte sind dabei mutig vorangegangen und haben als eine der Ersten eine eigene Bewertungsmethodik entwickelt und anschließend durch die Deloitte Wirtschaftsprüfer validieren lassen.

Damit wurde gemeinsam die Grundlage für eine effektive Wesentlichkeitsanalyse geschaffen, die anhand ihrer methodischen Herangehensweise sowie Dokumentationsgrundlage und somit Nachvollziehbarkeit auch aus Sicht der Wirtschaftsprüfer CSRD-konform ist. Die Ergebnisse wurden anschließend in eine Wesentlichkeitsmatrix überführt, welche inside-out und outside-in die Themenfelder mit ihren jeweiligen Bewertungen abbildet, und eine sog. Wesentlichkeitsschwelle (auch bekannt als Materialitätsschwelle) definiert. Alle oberhalb der Wesentlichkeitsschwelle befindlichen Themenfelder gelten als wesentliche Themenfelder, die es in nächsten gemeinsamen Schritten strategisch im Gesamtunternehmen zu implementieren gilt. Diese Analyse muss in regelmäßigen Abständen wiederholt werden – die gemeinsam mit Deloitte erarbeitete Methodik macht es möglich. 

"Nun gilt es, die Ergebnisse in relevante Konzepte, Ziele und Maßnahmen in unsere Gesamtorganisation zu überführen. Deshalb freuen wir uns besonders über die Partnerschaft mit Deloitte und dass wir uns frühzeitig dieser großen Herausforderung gestellt haben. Deloitte bietet uns als Unternehmen Sicherheit, Methodik und die relevante Expertise innerhalb der Branche sowie rund um ESG."

Marion Sett, Geschäftsführerin, Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft

Zunächst stehen nun noch weitere Umsetzungsschritte an, etwa die Ausarbeitung eines Strategiepapiers, die Implementierung der Themenfelder, die Bearbeitung der EU-Taxonomie und schließlich 2026 die Berichterstattung nach den neuen Standards. Der Mut, sich trotz vieler Ungewissheiten schon so früh der CSRD anzunehmen, war sicher ein zentraler Erfolgsfaktor für das Projekt – neben einer grundsätzlichen Bereitschaft zur Veränderung, der engen Zusammenarbeit mit den Experten von Deloitte und dem aktiven Austausch mit den Stakeholdern. Damit positioniert sich die ASW als Vorreiter im Markt in Sachen Nachhaltigkeit und bereitet sich somit bestens auf die komplexen Herausforderungen in der Immobilienbranche vor.

Bildmaterial Quellen: © Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft https://www.aachener-swg.de/