REflexions - Issue 7 | Real Estate

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Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft

Perspektiven der Anwender, Anbieter und Berater zu Voraussetzungen und Stand im Facility Management

Die Diskussion um die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft und dem Facility Management ist geprägt von Technologiedemonstrationen, Disruptionspotenzialen und -ängsten sowie einer Vielzahl an Meinungen und Stimmen. Diese Studie analysiert, wo das Facility Management in der Digitalisierung steht und welche Voraussetzungen, Treiber und Hemmnisse für und gegen verschiedene Technologien sprechen.

Welche der vielen Möglichkeiten der Digitalisierung im Facility Management haben für welche Anwendungsbereiche Potenzial? Was sind Treiber und Hemmnisse? Wir möchten Orientierung zu diesen Fragen geben. Hierzu befragte das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen LÜNENDONK & HOSSENFELDER in qualitativen Tiefeninterviews Nutzer, Berater und Dienstleister zur Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft. 90 Auftraggeber, die für einen Umsatz von mehr als 2,3 Billionen Euro stehen, sowie Berater und Dienstleister gaben Auskunft, unter anderem über die Erfahrungen mit verschiedenen Pilot- und Praxisprojekten
 

 

Schwerpunktthemen dieser Studie sind unter anderem:

  • Bereitstellung von IT-Budgets für Digitalisierung im FM
  • Service-Robotik
  • Benötigte Echtzeitdaten
  • Reifegradmatrix von Unternehmen in Bezug auf das Facility Management
  • Zentrale Software-Plattformen für das FM

Um die Effizienz des Facility Managements (FM) zu steigern, werden digitalisierte Lösungen aktuell bei vielen Unternehmen in Pilotprojekten oder im Produktivbetrieb eingesetzt. Für eine flächendeckende Digitalisierung und Automatisierung des FM und der damit verbundenen Dienstleistungen fehlen indes etablierte Daten- und Prozessstandards sowie oftmals die Bereitschaft, in Sekundärprozesse zu investieren. Mangelnde Investitionsbereitschaft in das Facility Management wirkt sich negativ auf die Innovationskraft der Unternehmen aus. Verantwortliche aus FM- und Corporate-Real-Estate-Abteilungen (CREM) berichteten von Entwicklungen, von denen auch das Kerngeschäft des Unternehmens profitieren würde. Dies sind Ergebnisse einer umfassenden Analyse zum Stand der Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft und dem Facility Management, die das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Lünendonk & Hossenfelder, Mindelheim, auf der Immobilienmesse Expo Real veröffentlicht hat.
 

"Die Branche wird sich im Zuge der Digitalisierung verändern: auf der einen Seite werden sich spezialisierte Nischenanbieter mit kleinem, aber technologisch ausgereiften Lösungen etablieren, auf der andere Seite werden Generalisten mit breitem Leistungsportfolio den Markt (weiterhin) erfolgreich bedienen." Michael Müller | Leiter Real Estate Deloitte
 

Digitalisierungspotenzial hängt vom Status der Immobilie ab

„Die Bereitschaft der Immobilienbetreiber in Deutschland, in die Digitalisierung der Bewirtschaftung zu investieren, hängt wesentlich von der Bedeutung der Immobilie für das Unternehmen ab“, sagt Thomas Ball, Studienautor und Senior Consultant bei Lünendonk & Hossenfelder. „Ausschlaggebend ist sowohl das Effizienzpotenzial durch den Einsatz von Technologie als auch der zusätzliche Mehrwert für den Endnutzer.“ Aktuell wird an repräsentativen Standorten wie Unternehmenszentralen, Show-Rooms, Filialen, Premium-Hotels, Entwicklungsstandorte und ähnlichen vorwiegend dann in die Digitalisierung investiert, wenn damit ein zusätzlicher Nutzen für wichtige Mitarbeiter oder Kunden des Unternehmens einhergeht und die eigene Modernität zum Ausdruck gebracht werden kann. Digitalisierung wird hier als ein Faktor genutzt, um im Wettbewerb um hochqualifizierte Mitarbeiter die Arbeitgebermarke zu stärken. An diesen Standorten wird Service durch Menschen als wichtiger Bestandteil der Gastfreundschaft und Wertschätzung empfunden.

In peripheren Standorten ohne bedeutenden Kundenkontakt finden derzeit verstärkt Investitionen in Technologien statt, die einen zusätzlichen Effizienzgewinn in der Bewirtschaftung erwarten lassen. Dies umfasst etwa Empfangsautomation, Grünanlagenpflege und Unterhaltsreinigung durch Roboter (u.a. auch in Flächen mit erhöhter Unfallgefahr) sowie Helpdesks und Geländeüberwachung durch Drohnen.
 

Voraussetzung für Disruption derzeit nicht gegeben

Immobilienbetreiber sind sich der Unterschiede im disruptiven Potenzial zwischen B2C und B2B bewusst. Gerade das Facility Management ist ein individueller und daher komplexer Prozess, in dem aktuell nur wenige und isolierte Standards etabliert sind. Die Studienteilnehmer erwarten deshalb, dass zunächst kaufmännische Prozesse wie die Dokumentenverarbeitung, Nebenkostenabrechnung und ähnliche standardisierte und IT-gestützte Verfahren digitalisiert und automatisiert werden. Die Erfahrung in anderen Branchen hat gezeigt, dass hoch standardisierte Prozesse mit einer geringen Komplexität und einer großen Anzahl von Anwendungsfällen für die Digitalisierung besonders geeignet sind.

Großes Potenzial besteht daher in der Automatisierung der Dokumentation, von geleisteten Service-Tätigkeiten, der Zeiterfassung, Ersatzteilbestellung und -verwaltung, Disposition und von ähnlichen Rahmentätigkeiten. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein etablierter Datenstandard, der ein ausreichendes Marktpotenzial für die Entwicklung von KI-basierten Automatisierungsprozessen erwarten lässt. Die befragten Berater wiesen ergänzend darauf hin, dass auch CAFM-Systeme (Computer Aided Facility Management) und BIM (Building Information Modelling) seit langem über Marktreife verfügen, der Verbreitungsgrad aber noch immer gering ist.
 

Investitionen in das Facility Management stärken Kerngeschäft

Ein weiterer Hindernisfaktor für die Effizienzsteigerung der Immobilienbewirtschaftung ist der niedrige Stellenwert im Unternehmen, der einhergeht mit knappen Investitionsmitteln im Facility Management sowie einem geringen Handlungsspielraum der Fachabteilungen. Studienteilnehmer mit inhaltlicher und finanzieller Freiheit berichteten im Rahmen der Studieninterviews dagegen von unerwarteten Mehrwerten für das Kerngeschäft durch Digitalisierungsprojekte im Facility Management.

 

„Entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierung wird die Akzeptanz und Einbindung der Mitarbeiter sein.“ Michael Müller | Leiter Real Estate

 

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