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EU-Aktionsplan: Regulatorische Anforderungen zur Nachhaltigkeit für Asset Manager und Anlageberater

Die EU Kommission hat im März 2018 auf Basis der Ziele des Pariser Klimaabkommens sowie der Agenda 2030 der Vereinten Nationen einen Aktionsplan für ein nachhaltiges Finanzsystem veröffentlicht. Dessen Ziel ist es, die Kapitalflüsse auf den Umbau einer nachhaltigen Wirtschaft auszurichten, Nachhaltigkeit stärker in das Risikomanagement zu integrieren und die Transparenz nachhaltiger Finanzprodukte zu fördern. Der EU Aktionsplan sieht hierfür die Umsetzung von insgesamt zehn Maßnahmen vor, die zu Neuerungen und Änderungen der bestehenden Normen auf Level 1 bis Level 3 Ebene führen.

Im Kern sieht der EU-Aktionsplan zunächst ein Klassifikationssystem (Taxonomie) vor, das Kriterien für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten definiert und somit Investoren die notwendige Transparenz für ihre Entscheidungen geben soll. Nachhaltig ist eine wirtschaftliche Tätigkeit dann, wenn sie zu einem der sechs Umweltziele beiträgt: Klimaschutz, Anpassungen an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz gesunder Ökosysteme. Die Förderung eines Ziels darf dabei keinen negativen Effekt auf andere Umweltziele haben und muss die Einhaltung von Sozialstandards und fairen Arbeitsbedingungen sicherstellen. Die Technical Expert Group (TEG) hat im Juni 2019 einen finalen Report zu zwei Umweltzielen veröffentlicht, der quantitative sowie qualitative Kriterien für insgesamt 67 Wirtschaftsaktivitäten regelt.

Die Definition der Kriterien innerhalb der Taxonomie spielt für den Erfolg und die Akzeptanz des EU-Aktionsplans eine bedeutende Rolle. Eine zu weite Definition kann für so genanntes Greenwashing sorgen, bei dem eigentlich unsaubere Investitionen als nachhaltig eingestuft werden. Eine zu enge Definition kann dagegen die Anzahl der investierbaren Instrumente limitieren, was z.B. zu einem erhöhten Tracking Error (Abweichungsrisiko der Portfolioentwicklung gegenüber der Wertentwicklung der Benchmark) für Asset Manager führen könnte.

Neben der Taxonomie umfasst der EU-Aktionsplan weitere Maßnahmen, die u.a. umfangreiche Änderungen für Asset Manager und Anlageberater nach sich ziehen werden. Im Kern sollen die ESG-Kriterien in der gesamten Prozesskette von Offenlegungspflichten auf Unternehmens- und Produktebene, über die Erstellung von Marktanalysen, bis hin zur Beratung von Kunden, zu den finalen Investitionsentscheidungen und dem Risikomanagement einbezogen werden.

Bis Ende 2019 soll die bereits im Entwurf vorliegende Offenlegungsverordnung (2018/0179 (COD)) final verabschiedet werden. Adressaten der Verordnung sind Finanzmarktteilnehmer, u.a. Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, die Asset Management (Finanzportfolioverwaltung) anbieten sowie Anlageberatung erbringen. Diese haben zukünftig Informationen über die Berücksichtigung von ESG-Faktoren in ihren Investitionsentscheidungen, Informationen über die Ausrichtung der Investitionen an ökologisch nachhaltigen Faktoren sowie zur Performance in Bezug auf ESG-Ziele offenzulegen. Des Weiteren sind in den vorvertraglichen Informationen zu einem Finanzprodukt ESG-Faktoren einzubeziehen. Die individuelle Reichweite der Anforderungen hängt im Wesentlichen von der angebotenen Wertpapierdienstleistung und der Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter ab.

Nach Verabschiedung der Offenlegungsverordnung soll auch die Änderung der delegierten Verordnung EU/2017/565 in den Art. 2, 52 und 54 final angenommen werden, die die §§ 63 und 64 WpHG tangieren. Die Anforderungen aus der Offenlegungsverordnung und der geänderten delegierten Verordnung zu MiFID II greifen dabei ineinander. Anlageberater und Asset Manager werden dazu verpflichtet, neben den Erfahrungen und Kenntnissen, finanziellen Verhältnissen, Verlusttragfähigkeit und Anlagezielen des Kunden, auch Angaben zu dessen Anlagepräferenzen für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG Präferenzen) einzuholen. Das i.R.d. Anlageberatung empfohlene Finanzinstrument bzw. die im Asset Management verfolgte Portfoliostrategie muss diesen spezifischen Anlagepräferenzen dann auch Rechnung tragen. In der dem Privatkunden auszuhändigenden Geeignetheitserklärung ist darzulegen, wie das empfohlene Finanzinstrument zu den ESG-Präferenzen des Kunden passt.

Des Weiteren möchten wir auf die beiden Technical Advices der ESMA vom 30. April 2019 (ESMA35-43-1737 und ESMA34-45-688) hinweisen, die eine Integration von Nachhaltigkeitskriterien und -risiken im AIFMD- und OGAW-Rahmenwerk sowie eine weitere diesbezügliche Änderung in den MiFID II Regelungen vorsehen. Die ESMA verfolgt hierbei einen prinzipienbasierten Ansatz und gibt keine detaillierten Vorgaben. Im OGAW- und
AIFMD-Rahmenwerk
sind Anpassungen vorgesehen, welche die Regelungsbereiche allgemeine organisatorische Anforderungen, Ressourcenmanagement, Verantwortung des führenden Managements, Interessenkonflikte, Due Diligence-Anforderungen und Risikomanagement betreffen. Für eine Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten und -risiken sind entsprechende personellen Ressourcen und Know-how vorzuhalten. Nachhaltigkeitsrisiken sind bei allen Prozessen, Kontrollmechanismen, Informations- und Aufzeichnungsvorgaben sowie dem Risikomanagement zu berücksichtigen. Die letztendliche Verantwortung dafür trägt die Geschäftsleitung. Des Weiteren sind Interessenkonflikte in Bezug auf die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken im Zusammenhang mit der Vergütung oder privaten Geschäften maßgeblicher Mitarbeiter zu analysieren. Der Identifizierungsprozess soll auch jegliche Ursachen von Konflikten, die „Greenwashing“, missbräuchliche Verkäufe („misselling“), Falschdarstellung der Anlagestrategien oder Umschichtung hervorrufen können, umfassen.

Die Empfehlungen zum MiFID II-Rahmenwerk gehen in eine ähnliche Richtung: Sie umfassen ebenfalls Anpassungen an den Organisationsanforderungen hinsichtlich der Identifikation von Interessenkonflikten in Bezug auf den Vertrieb von ESG-Produkten sowie der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement.

Des Weiteren müssen ESG-Präferenzen des Kunden bei der Zielmarktfestlegung mit einbezogen werden sowie die ESG-Merkmale eines Finanzinstruments mit dem Zielmarkt konsistent sein.

Bzgl. des Umgangs mit Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement sei auch auf das am 24. September 2019 veröffentlichte Merkblatt der BaFin, das zur Konsultation vorgelegt wurde, verwiesen.

Um die Wertentwicklung eines nachhaltigen Finanzinstruments für einen Anleger zukünftig auch messbar und vergleichbar zu machen und ihn damit bei seiner Investition in nachhaltige Produkte zu unterstützen, soll es zwei neue Typen von Benchmarks geben. Hierbei wird einmal auf die CO2-Emissionen und zum Zweiten auf das Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens referenziert.

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Sabine Schwarz
Director | Audit & Assurance
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Senior Manager | Audit & Assurance
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