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Neue Technologien in der Wirtschaftsprüfung und ihre Auswirkungen auf das Berufsbild

Der Abschlussprüfer als System- und Prozessversteher

Durch den technischen Fortschritt und die gestiegenen Anforderungen an die Finanzberichterstattung werden für die Wirtschaftsprüfung neue Technologien und ein verbessertes Prozessverständnis notwendig. Dadurch verändert sich auch das Berufsbild des Wirtschaftsprüfers ganz wesentlich.

Die Arbeit des Wirtschaftsprüfers – früher und heute

Das Szenario, in dem der Abschlussprüfer einmal jährlich im Rahmen der Abschlussprüfung zum Mandanten kommt und sich durch Berge von Unterlagen wühlt, spiegelt seit langem nicht mehr die Realität wider. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Die zu prüfenden Unternehmen, Stakeholder und Regulatoren müssen sich stetig an die Veränderungen infolge der fortschreitenden Digitalisierung und der immer komplexer werdenden Geschäftsmodelle anpassen. Als Folge müssen diese transformativen Entwicklungen auch in der Rechnungslegung abgebildet werden.

Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Qualität und Verlässlichkeit der Finanzberichterstattung gestiegen. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, bedarf es effektiver interner Kontrollsysteme, einer guten Corporate Governance sowie einer verlässlichen und funktionierenden IT-Infrastruktur. Der Trend geht weg von der klassischen „Stichprobenprüfung“, hin zu einer Echtzeit-Datenerhebung und einer Beurteilung von Grundgesamtheiten.

All dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaftsprüfung. Wir beschreiben im Folgenden, wie die Wirtschaftsprüfung sich die Veränderungen zunutze machen und neue Technologien gewinnbringend für die Mandanten einsetzen kann.

Technologiebasierte Wirtschaftsprüfung auf dem Vormarsch

Technologiebasierte Abschlussprüfungen ermöglichen ganzheitliche Analysen – sei es bei Prozessabläufen, Datenintegrität oder verbuchten Transaktionen. Zudem können (Voll-)Prüfungen standardisiert vorgenommen oder große Datensätze in kürzerer Zeit nach Auffälligkeiten oder Inkonsistenzen analysiert werden. Eine Stichprobenprüfung wird dadurch in Zukunft überflüssig, da vollständige Grundgesamtheiten beurteilt werden.

„Neue Technologien werden das Fachwissen und die Problemlösungskompetenz der Wirtschaftsprüfer nicht ersetzen. Sie sind aber unerlässlich, um die immer größer werdenden Datenmengen und deren Komplexität zu erfassen und am Ende für alle Stakeholder verständlich zu machen.“

Thomas Lüdke, Partner bei Deloitte

Ein Beispiel für die Digitalisierung der Abschlussprüfung liefern integrierte Cloud-basierte Prüfungsplattformen: Interaktive Dashboards geben Echtzeit-Warnungen und sorgen für mehr Transparenz. Durch den gezielten und sicheren Einsatz von Analytics können Prüfungsteams die Prozess- und Kontrolllandschaft der Mandanten analysieren, Kontrollschwächen identifizieren und die Ergebnisse im Rahmen der Risikobeurteilung nutzen. Das Prüfungsvorgehen wird dadurch noch risikobasierter und fokussierter. So können zum Beispiel komplexe Investmentfonds mittels Cloud-basierter Plattformen bereits innerhalb kürzester Zeit nach dem Bilanzstichtag oder bei Bedarf auch jederzeit unterjährig vollständig geprüft werden.

Technologie in der Wirtschaftsprüfung führt zum unaufhaltsamen Wandel des Berufsbilds

Mit den neuen Technologien ändert sich auch das Anforderungsprofil an Berufseinsteiger im Bereich Wirtschaftsprüfung. Dies wiederum zwingt die Prüfungsunternehmen, in Sachen Qualifikationen und Fortbildungen neue Wege zu gehen.

„Der Beruf des Wirtschaftsprüfers verändert sich immer mehr zum Prozessversteher und Datenspezialisten, ergänzt um die klassischen Eigenschaften wie Rechnungslegungsexpertise, Zahlenaffinität und Teamfähigkeit.“

Fabian Ebert, Senior Manager bei Deloitte. 

Logischerweise rücken daher Absolventen der MINT-Fächer immer mehr in den Fokus von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Die Prüfungsteams setzen sich beispielsweise aus Wirtschaftsprüfern und Spezialisten wie Data Managern und Business Analysts zusammen. Ein Beispiel:

  • Der Wirtschaftsprüfer geht mit seinem tiefen Geschäfts- und Branchenverständnis komplexen Bilanzierungsfragen nach und koordiniert die eingesetzten Spezialisten.
  • Der Data Manager kennt sowohl die Datenmodelle der Softwarelösung als auch die des Mandanten und interpretiert diese zusammen mit dem Business Analyst.
  • Der Business Analyst wiederum ist mit den Prozessen und Produkten beim zu prüfenden Unternehmen vertraut.

Interdisziplinäre Teams werden damit zu einem zentralen Grundpfeiler der Prüfungsarbeit. Und so kommen während der Berufsausbildung innovative Prüfungstools (z.B. Process Mining oder Regressionsanalysen) oder die Koordination und Würdigung der IT-Systemprüfung im Rahmen der Jahresabschlussprüfung zum Einsatz.

„Deloitte hat einen klaren Fokus auf die Transformation der Abschlussprüfung gelegt. Unsere Kolleginnen und Kollegen setzen sich daher intensiv mit den Anforderungen auseinander, die sich aus der Digitalisierung der Prüfungsdurchführung ergeben, etwa in den Bereichen Big Data und Automatisierung“, so Lüdke. Diese Entwicklung, die durch die Corona-Pandemie beschleunigt wurde, ist ein stetiger Change-Prozess, der begleitet werden muss. „Für uns ist es entscheidend, unseren Talenten attraktive und abwechslungsreiche Aufgaben, eine wertschätzende Führung und langfristige Perspektiven zur Weiterentwicklung in diversen Teams zu bieten“, führt Thomas Lüdke abschließend aus.

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